Zuhören und Zuwenden

Erzbischof Becker besucht TelefonSeelsorge Paderborn zum Aktionstag „Leitung an die Leitung“

Paderborn (pdp). 2016 feiert die TelefonSeelsorge in Deutschland ihr 60-jähriges Bestehen. Zum Auftakt dieses Jubiläums fand gestern bundesweit ein Aktionstag unter dem Motto „Leitung an die Leitung“ statt. Evangelischewie katholische Kirchenleitungen waren eingeladen, eine der bundesweit 105 TelefonSeelsorge-Stellen zu besuchen, um sich von der Arbeit der rund 8.000 Ehrenamtlichen in Deutschland ein Bild zu machen. Erzbischof Hans-Josef Becker besuchte stellvertretend für die insgesamt sechs TelefonSeelsorge-Stellen, an denen das Erzbistum Paderborn beteiligt ist, die TelefonSeelsorge-Stelle in Paderborn.

Wie sieht die Alltagswirklichkeit der Gespräche am Telefon und in der Praxis der Chat- und E-Mailberatung aus? Wie geschieht konkrete Seelsorge, wenn Ratsuchende zum Hörer greifen, um sich im wahrsten Sinn des Wortes „den Kummer von der Seele zu reden“? Von all dem konnte sich Erzbischof Hans-Josef Becker im Gespräch mit den Haupt- und Ehrenamtlichen der TelefonSeelsorge Paderborn und im Dienstzimmer einen Eindruck verschaffen. „Es ist schön, dass Sie heute unser Gast sind und an der bundesweiten Aktion teilnehmen, mit der die TelefonSeelsorge in Deutschland ihr Jubiläumsjahreinläutet“, begrüßte Monika Krieg, Leiterin der TelefonSeelsorge-Stelle, Paderborn Erzbischof Becker.

60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der TelefonSeelsorge-Stelle Paderborn täglich 24 Stunden für die Ratsuchenden da. Ihre Arbeit in Zahlen: 12.000 Gespräche werden pro Jahr geführt, das macht einen Schnitt von 40 Gesprächen am Tag. Doch das Engagement der Ehrenamtlichen bemisst sich in weitaus mehr: „Um eine 24-Stunden-Präsenz zu gewährleisten, sind 60 Mitarbeiter eigentlich zu wenig. Dass wir es trotzdem stemmen, verdanken wir dem großen Einsatz unserer Ehrenamtlichen. Viele engagieren sich über den Pflichtdienst hinaus. Dabei sind viele neben ihrem Einsatz bei uns auch noch voll berufstätig“, erklärte Monika Krieg. Mittlerweile gibt es einen Online-Dienstplan, der die Einteilung der Schichten vereinfacht. „Die Bereitschaft des ganzen Teams, sich auch gegenseitig zu vertreten oder auszuhelfen, wenn jemand ausfällt, ist großartig“, versicherte Monika Krieg.

Pfarrerin Monika Dinger, stellvertretende Leiterin der TelefonSeelsorge Paderborn, skizzierte die Geschichte und Struktur der TelefonSeelsorge in Deutschland. Die TelefonSeelsorge-Stelle in Paderborn sei mit ihrer Gründung 1986 die jüngste Stelle in Westfalen und feiere somit 2016 ihren 30. Geburtstag. In diesem Zusammenhang verwies Pfarrerin Dinger auf die Erfolgsgeschichte der katholischen und evangelischen Zusammenarbeit in den meisten der TelefonSeelsorge-Stellen in Deutschland: „Die TelefonSeelsorge ist eines der Felder, auf denen Ökumene besonders wirkungsvoll gelebt wird.“

Erzbischof Becker zeigte sich im Gespräch mit den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beeindruckt von deren Arbeit – umso mehr, da auch die Schattenseiten dieses ehrenamtlichen Engagements nicht verschwiegen wurden, wie etwa die Belastung durch missbräuchlich Anrufende. Die Arbeit sei spannend, aber unter anderem auch zeitlich herausfordernd, wussten die Ehrenamtlichen zu berichten. Beim Thema Anonymität waren sich die Ehrenamtlichen einig, dass diese nicht nur die Telefonseelsorger schütze, vielmehr auch den Anrufenden oder online Ratsuchenden die Möglichkeit gebe, sich mehr zu öffnen. Thematisiert wurde auch die große Bandbreite der Anliegen der Anrufenden beziehungsweise der Menschen, die online Rat suchen: Tiefe Vereinsamung, Trauer über den Verlust von Angehörigen, aber auch Verzweiflung, Ärger oder Wut über ein Scheitern im Leben würden den Ehrenamtlichen nahezu in jeder Schicht begegnen, in der sie für die Ratsuchenden da seien, erklärten die Seelsorger.

Im Gespräch wurden auch klare Bezüge zum Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn hergestellt: In der TelefonSeelsorge würden schon wesentliche Inhalte, auf die das Zukunftsbild Wert lege, nämlich vor allem ein partnerschaftliches Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen, verwirklicht. Gerade die Ehrenamtlichen würden durch entsprechende Ausbildung und Supervision befähigt, mit hoher Eigenverantwortung und gemäß ihrer eigenen Charismen ihren Dienst zu tun, so die einhellige Überzeugung.

Sehr nah und unmittelbar kam Erzbischof Becker dann bei Gesprächen im Dienstzimmer mit den Alltagssorgen und Nöten der Ratsuchenden in Kontakt. „Ich habe dabei erlebt, dass Menschen anrufen, um einfach nur mit jemandem zu reden, um ein Gegenüber zu haben, das zuhört, um Zuwendung zu erfahren“, beschrieb Erzbischof Becker seine Eindrücke. Sein Besuch habe ihm eindrücklich erfahrbar gemacht, was Seelsorge alles sein könne: „Die TelefonSeelsorge ist für die Ratsuchenden eine segensreiche Einrichtung. Sie leisten eine wichtige Form der Pastoral, die die Seelsorge in den Gemeinden auf wertvolle Weise ergänzt. Denn bei Ihnen suchen auch die Menschen Hilfe, die die Gemeindepastoral vielleicht gar nicht mehr erreicht. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich“, sagte Erzbischof Becker zum Abschluss seines Besuches.

Die sechs TelefonSeelsorge-Stellen, an denen das Erzbistum Paderborn beteiligt ist, befinden sich in Siegen, Hagen, Dortmund, Hamm, Bielefeld und Paderborn. An allen sechs Stellen, die fast ausschließlich ökumenisch getragen werden, wird ganz konkret der Dienst am Menschen gelebt – per Telefon, aber inzwischen auch online per Chat oder E-Mail.

Erzbischof Hans-Josef Becker besuchte am Aktionstag „Leitung an die Leitung“ die TelefonSeelsorge-Stelle Paderborn. V. l.: Michael Hillenkamp (Diözesanbeauftragter für TelefonSeelsorge), Pfarrerin Monika Dinger (stv. Leiterin TelefonSeelsorge Paderborn), Erzbischof Hans-Josef Becker und Monika Krieg (Leiterin TelefonSeelsorge Paderborn).